Gabriele Baumgartner
Textbeitrag des Kataloges:
Josef Mikl, Arbeiten auf Papier
hrsg. von Brigitte Mikl Bruckner
Wien
2024
Wie intensiv und umfangreich Josef Mikl in der Ausformulierung seiner Wahrnehmungen und Anschauungen verschiedene Medien und Techniken zum Einsatz brachte, wird mit einem Blick auf seine künstlerische Gesamtheit gewahr: Neben bedeutenden Glasfenstern und Entwürfen für sakrales Gerät, einer lebenslangen Auseinandersetzung mit Satire in Form von Bild-und-Text-Kombinationen und eigenen Schriften über Künstlerfreunde und Anschauungen, waren und sind seine malerischen Arbeiten nachhaltig im Gedächtnis der Betrachtenden verankert: Denkt man an die Gestaltung des Großen Redoutensaales der Wiener Hofburg (1994-1997), wo er in einem epochalem Deckengemälde und 22 Wandarbeiten der österreichischen Literatur malerisch ein Denkmal setzte oder das Wandgemälde in der Kapelle des Bildungshauses St. Virgil in Salzburg, so ist Josef Mikls Platz in der österreichischen Kunstgeschichte festgeschrieben. In seinen umfangreichen Zyklen zu Nestroys Einakter „Häuptling Abendwind“ und zu Nikolai Gogols „Tote Seelen“ verwob er die Literatur künstlerisch in Form von grafischen, aber auch malerischen Arbeiten auf Leinwand und Papier und schuf abermals sehr Einprägsames.
Da Josef Mikl zwischen 1972 und 1997 die Leitung des sogenannten „Abendaktes“ an der Akademie der Bildenden Künste inne hatte, war das grafische Element in seinem Werk auch als Lehrender immer präsent. Natürlich schuf er im Laufe seines künstlerischen Lebens zahlreiche Arbeiten mit Hilfe von Bleistift, Buntstift oder Tuschholz oder griff immer wieder zu Aquarellfarben und Tempera. Acrylfarben jedoch waren nie sein malerisches Mittel. Manches Mal flocht Josef Mikl in seinen Leinwandarbeiten grafische Elemente ein. Aber eine wirkliche Verbindung und ein Wechselspiel zwischen diesen Disziplinen findet sich in seinen malerischen Arbeiten auf Papier. Teilweise überwiegt die ölfarbene Komponente, ein anderes Mal ist sein zeichnerisches Vermögen präsenter. Die Haptik der unterschiedlichen Arten des Papiers, seine Tragfähigkeit der flüssigen Farbe oder auch der vorhandene Grundton des Bildträgers mögen Einfluss auf die Ausführung haben und erfordern eine andere Denk- und Arbeitsweise, als die eine grundierte Leinwand vermag. Die Möglichkeiten, die sich dem Künstler auf diesem Bilduntergrund jedoch bieten sind vielfältig und können mitunter auch spielerischer und freier zu lösen sein. Sie sind wie ein Innehalten eines Augenblickes und einer momentanen Sichtweise des Künstlers auf einen Gegenstand und erzählen somit Geschichten wie in einem malerischen Tagebuch.
Die Arbeiten auf Leinwand begegnen einem Betrachtenden viel unmittelbarer, wird doch die Haptik der Grundierung, die Konsistenz der Farbe, der Pinsel strich direkt erkennbar. Die Arbeiten auf Papier sind meist in einem Rahmen und durch Glas von der Luftfeuchte und dem Lichteinfall eines Raumes geschützt und schaffen damit aber gleichzeitig eine unbewusste, materielle, transparente Trennung und somit eine andere Distanz zwischen den Betrachtenden und dem Motiv. In dieser anderen Betrachtungsweise des Kunstwerkes liegt aber auch ein gewisser Reiz, der ein anderes Sehen erfordert.